Die Vitalität, d.h. der physiologische Zustand bzw. die Aktivität der Hefe hat großen Einfluss auf die Qualität des hergestellten Bieres. Darum muss bei Brauprozessen, die die Hefe zusätzlich belasten - wie High Gravity Brewing - der Hefeherführung bzw. Propagation besondere Beachtung geschenkt werden. In einer Brauerei, die nach dem High-Gravity Verfahren braut, steht nur Würze mit hohem Extraktgehalt zur Verfügung, sie kann zur Hefereinzucht verdünnt oder unverdünnt eingesetzt werden.
Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss einer Propagation mit High Gravity Würzen auf die Hefe und die daraus resultierenden Auswirkungen auf das fertige Bier zu klären. Zu diesem Zweck wurden Hefepropagationen bei verschiedenen Bedingungen durchgeführt, die gewonnene Hefe zur Gärung genutzt und ein fertiges Bier hergestellt.
Die Wachstumsgeschwindigkeit der Hefe verringert sich mit zunehmendem Extraktgehalt der Propagationswürze. Bei gleicher Stammwürze führt eine Erhöhung des Glucosegehalts zu einem langsameren Wachstum. Die Hauptursache für die Veränderungen der Wachstumsrate ist, nach den Ergebnissen der Enzymaktivitätsanalyse, der Crabtree-Effekt. Die Hefen werden durch die hohen Stammwürzegehalte während der Propagation nicht geschädigt, sie waren bezüglich der Zellzyklusanalyse in physiologisch einwandfreiem Zustand.
Die gewonnenen Hefen zeigen Unterschiede in der Gärgeschwindigkeit aber nicht bezüglich des Endvergärungsgrades. Die Hefen die bezüglich der Enzyme des Zuckerstoffwechsels auf anaerobe Verhältnisse eingestellt sind vergären schneller (Hefen propagiert in Würze mit einem Stammwürzegehalt von 12 °P, 14 °P und 18° P). Am langsamsten vergärt die durch Propagation in Würze mit Glucosesirup gewonnene Hefe.
Die Konzentrationen der Gärungsnebenprodukte und die Schaumzahl der fertigen Biere bewegen sich innerhalb normaler Werte. Die in Würze mit Glucosesirup propagierte Hefe erzeugt ein im Bereich der Bittere und der Vollmundigkeit sensorisch leicht auffälliges Bier.
Eine Brauerei, die das High-Gravity Verfahren im Brauprozess einsetzt, kann ohne Probleme ihre Betriebswürze unverdünnt zur Hefeherführung verwenden. Der Einsatz von Glucosesirup zur Erhöhung der Stammwürze kann allerdings zu langsameren Gärgeschwindigkeiten und einer etwas schlechteren sensorischen Qualität der Biere führen.